Prof. Dr. Edda Weimann ist neue Difäm-Direktorin
Professorin Dr. med. Edda Weimann hat Anfang dieses Jahres die Position als Direktorin des Deutschen Instituts für Ärztliche Mission e. V. übernommen und tritt damit die Nachfolge von Dr. med. Gisela Schneider an.
Edda Weimann ist passionierte Kinderärztin, Fachärztin für Endokrinologie und Diabetologie, hat einen Master in International Health Systems und verfügt über langjährige internationale Führungserfahrung als Leiterin von Krankenhäusern. Sie unterrichtet und forscht in den Gebieten „Child Health“ und „Planetary Health“ an der TU München und im Bereich „Digital Health“ an der Universität von Kapstadt. Sie berät internationale Organisationen im Bereich Klima und Gesundheit von Gesundheitssystemen.
Gemeinsam mit Wolfgang Stäbler bildet sie nun den neuen Vorstand des Deutschen Instituts für Ärztliche Mission e. V. mit Difäm Weltweit, der Tropenklinik Paul-Lechler-Krankenhaus und des Hospiz Tübingen.
„Wie in einem Mosaik“
Lesen Sie mehr über den Werdegang von Professorin Dr. Edda Weimann, ihre Ziele und weltweite Gesundheitsarbeit
Professorin Dr. med. Edda Weimann hat Anfang dieses Jahres die Position als Direktorin des Deutschen Instituts für Ärztliche Mission e. V. übernommen und tritt damit die Nachfolge von Dr. med. Gisela Schneider an. Gemeinsam mit Wolfgang Stäbler bildet sie den neuen Vorstand von Difäm Weltweit, der Tropenklinik Paul Lechler Krankenhaus und des Hospiz Tübingen. Wir haben mit ihr über ihren Werdegang, weltweite Gesundheitsarbeit und ihre Ziele gesprochen.
Difäm: Prof. Dr. Weimann, wie hat Sie Ihr Weg zum Difäm geführt?
Edda Weimann: Als ich die Ausschreibung der Stelle gelesen habe, hat diese mich sehr angesprochen. Es schien sich alles, was ich in meinem Berufsleben bisher gemacht habe, im Deutschen Institut für Ärztliche Mission und im Bereich Difäm Weltweit zu bündeln. Als Kinderärztin und Endokrinologin habe ich einen breitgefächerten medizinischen Hintergrund, der für die weltweite Gesundheitsarbeit wichtig ist. Zudem habe ich lange Zeit in afrikanischen Ländern gelebt und dort viel im Bereich Public Health gearbeitet und geforscht, immer mit dem Gedanken, Wege zu finden, die Gesundheit der Bevölkerung insgesamt zu verbessern. Daher habe ich noch einen Master in Public Health im Bereich Gesundheitssysteme an der Universität Kapstadt gemacht. Bei der Weiterentwicklung von verschiedenen Kliniken, wie zuletzt beim Aufbau eines Herz-Zentrums in Ruandas Hauptstadt Kigali, habe ich mir zudem Fähigkeiten im Management und Fundraising angeeignet. Bei Difäm Weltweit fügen sich aber nicht nur mein Wissen und meine Erfahrung der letzten 25 Jahre wie in einem Mosaik zusammen. Die Aufgabe hier passt auch genau zu meiner persönlichen Überzeugung, dass jeder Mensch das Recht auf eine gute Gesundheitsversorgung hat. Deshalb freue mich darauf, gemeinsam mit dem Team von Difäm Weltweit dafür zu arbeiten.
Difäm: Hat das Recht auf Gesundheitsversorgung für Sie auch etwas mit der Würde des Menschen zu tun?
Edda Weimann: Die Würde des Menschen – das ist ein großer Begriff. Vielleicht schon zu groß, um ihn wirklich fassen zu können. Aber vielleicht lassen sich Rechte unter diesem Begriff bündeln, die meiner Meinung nach alle Menschen haben. Das Recht auf Gesundheitsversorgung gehört da ebenso dazu wie das Recht auf Individualität, Meinungsfreiheit und eine intakte Umgebung sowie eine klimagerechte Welt, in der Menschen gut leben können.
Difäm: Was bedeutet das für Sie im Umgang mit anderen Menschen?
Edda Weimann: Bei Meinungsfreiheit denken wir ja meistens zuerst an unser Recht, frei denken und uns frei äußern zu dürfen. Es bedeutet aber vor allem, andere Meinungen und Ansichten zu respektieren. Und das ist der deutlich schwierigere Teil. Es geht darum, anderen Ansichten und Kulturen auch dann mit Respekt zu begegnen, wenn sie erstmal nicht in unser Weltbild zu passen scheinen.
Difäm: Was ist Ihrer Meinung nach erforderlich, um das Recht auf Gesundheitsversorgung durchzusetzen?
Edda Weimann: Da gibt es zwei Ebenen. Einerseits ist der Ansatz auf Gemeindeebene sehr wichtig, um im Kleinen konkrete Verbesserungen zu erreichen. Also Maßnahmen, die vom Lokalen zum Globalen wirken. Bei der Gesundheitsversorgung sollten wir aber auch in großen Zusammenhängen denken. Es geht darum, global und in den jeweiligen Ländern eine gerechte Verteilung von Ressourcen anzustreben und die Gesundheitssysteme als Ganzes zu stärken. Denn was ein unzureichendes Gesundheitssystem in der Realität bedeutet, das habe ich in Kapstadt und anderen Ländern selbst erlebt.
Difäm: Können Sie davon erzählen?
Edda Weimann: Ich war Ärztin an der Uniklinik in Kapstadt. Für die Menschen, die auf das öffentliche Gesundheitssystem angewiesen sind, gibt es dort lediglich 100 Dialyseplätze. Für die Provinz West Kap und die Metropole Kapstadt ist das so gut wie nichts. Daher mussten wir jeden Donnerstag in einem Gremium entscheiden, wer einen Anspruch auf einen Platz hat und wer sterben muss. Wir hatten natürlich offizielle Kriterien, nach denen wir die Entscheidungen getroffen haben, aber das macht es nicht besser. Schließlich ging es immer um einen Menschen, eine Biografie, eine Familie. Wir mussten beispielsweise dem alleinerziehenden Vater einer zwölfjährigen Tochter mitteilen, dass seine Priorisierung nicht für einen Platz reicht. Das war eines der schlimmsten Dinge, die ich je machen musste.
Difäm: Das sind Entscheidungen, die kein Mensch treffen müssen sollte.
Edda Weimann: Ja – und doch müssen sie in vielen Ländern der Welt jeden Tag getroffen werden. Das sollten wir auch in Deutschland immer im Blick behalten. Wir haben das Glück, in einem Land mit einem – trotz aller Kritikpunkte – hervorragenden Gesundheitssystem zu leben. Wir nehmen es für selbstverständlich, aber das ist es nicht. Es bedarf großer globaler Anstrengungen, dass alle Menschen Zugang zu notwendigen Behandlungen haben.
Difäm: Im Rahmen des Ziels der Universal Health Coverage (UHC) hat sich die internationale Gemeinschaft dazu verpflichtet, genau das bis 2030 umzusetzen.
Edda Weimann: Das ist wie mit dem Pariser Klimaschutzabkommen: Die Staaten bekennen sich zu gewissen Zielen. Aber sobald es schwierig wird und sich andere Krisen in den Vordergrund drängen, wollen sie davon nichts mehr wissen. Es ist unser aller Aufgabe, sie daran zu erinnern. Und da war Difäm Weltweit in der Vergangenheit auch immer sehr engagiert.
Difäm: Gibt es Bereiche in der Gesundheitsarbeit, die Ihnen besonders am Herzen liegen?
Edda Weimann: Während meiner Zeit in Südafrika habe ich die HIV-Pandemie in ihrer vollen Wucht und Grausamkeit miterlebt. Obwohl es bereits antiretrovirale Medikament gab, durften sie im Jahr 2000 aus politischen Gründen nicht eingesetzt werden. Die sterbenden Menschen, die zahllosen AIDS-Waisen – das war wirklich schlimm. Deshalb habe ich einen besonderen Blick auf Projekte, die Menschen mit chronischen Erkrankungen ein besseres Leben ermöglichen. Außerdem liegt mir als Kinderärztin der Klimaschutz sehr am Herzen, da die Klimakrise Kinder in besonderem Maße betrifft.
Difäm: Ist das für Sie auch ein Gesundheitsthema?
Edda Weimann: Ja, absolut. Ein Beispiel: Von 2016 bis 2018 gab es als Folge des Klimawandels eine beispiellose Dürre in Südafrika. In Kapstadt stand die Wasserversorgung kurz vor dem Zusammenbruch. In der Uniklinik hatten wir die Vorgabe, mit 50 bis 60 Litern Wasser pro Patient und Tag auszukommen. Wie wollen Sie damit Dialyse machen oder operieren? Eine Klinik braucht normalerweise 500 Liter Wasser pro Tag und Patient. Das ist nur ein Beispiel, wie schnell der Klimawandel die Gesundheitsversorgung gefährden kann.
Difäm: Welche weiteren Themen würden Sie gerne bei der Arbeit von Difäm Weltweit setzen?
Edda Weimann: Ich denke, jetzt ist nicht die Zeit für mich, Themen zu setzen. Die Arbeit von Difäm Weltweit ist unglaublich vielfältig und deckt ein großes Spektrum ab. Ich werde jetzt erst einmal zuhören, mich in die Themen einarbeiten und die Organisation kennenlernen. Erst dann ist die Zeit, gemeinsam mit dem Team von Difäm Weltweit Konzepte weiterzuentwickeln. Ich bin jedenfalls sehr glücklich, in Tübingen zu sein und freue mich auf meine Aufgabe.
Difäm: Vielen Dank für das Gespräch.